THE BOOKER PRIZE 2024 | Shortlisted

See der Schöpfung

Original: Creation Lake (2024)

Rachel Kushner

Sadie Smith - 34, skrupellos, verführerisch, ehemalige FBI-Agentin - wird von einem namenlosen Auftraggeber in eine entlegene Gegend in Südfrankreich geschickt. Ihr Auftrag: Sie soll eine Kommune anarchistischer Umweltaktivisten infiltrieren, die im Verdacht steht, Anschläge verübt zu haben. 

Sechs Jahre hat Kushner an ihrem neuen Buch geschrieben. Sie kennt den Südwesten Frankreichs gut und den Verteilungskampf ums Wasser, der dort seit einigen Jahren herrscht. 

Literatur in Wersten | Mein Lesekreis
Literatur in Wersten | Mein Lesekreis

Sadie Smith, abgebrüht, ist  freie Geheimagentin. Sie ist Amerikanerin, hat ihre Promotion in Rhetorik abgebrochen, und hat als eine Art verdeckte Ermittlerin für das FBI gearbeitet, bevor sie nach einer misslungenen Operation in Ungnade gefallen. Jetzt nimmt sie für Geld jeden Undercover-Einsatz an. Ihr Spezialgebiet ist die Unterwanderung linker aktivistischer Gruppen mit dem Ziel, diese zu Gewalttaten anzustiften und auf diese Weise zu diskreditieren.

Eine Undercover-Agentin bei Umweltaktivisten

Für einen anonymen Auftraggeber reist Sadie nun im Jahr 2013 nach Südfrankreich. Dort hat sich eine Kommune mit dem Namen „Le Moulin“ gebildet, die die ökologisch verheerende Landwirtschaftspolitik der französischen Regierung bekämpft.

Deutsche Erstausgabe 2025

Literatur in Wersten | Mein Lesekreis

Rachel Kushner

Foto © Gabby Laurent 


Rachel Kushner (* 7. Oktober 1968 in Eugene, Oregon) Ihre Eltern waren Wissenschaftler, die sie als „unkonventionelle Personen aus der Beatnik-Szene“ beschrieben hat. Ihre Mutter stammte aus einer kubanischen Familie, ihr Vater war jüdischer Herkunft. Die Eltern zogen mit ihrer Tochter im Wohnwagen umher und ließen sich 1979 in San Francisco nieder, wo sie aufwuchs. Mit achtzehn Jahren ging sie als Austauschstudentin nach Florenz. Sie absolvierte ein schnelles Studium der Volkswirtschaftslehre an der University of California, Berkeley, vertrödelte die Zeit, gehörte zu einer Motorrad-Clique und fuhr eine 500 Moto Guzzi. 2001 erhielt sie einen MFA in Literatur und kreativem Schreiben an der Columbia University. Sie arbeitete in New York City als Redakteurin beim Literaturmagazin „Grand Street“ und schrieb für das Magazin „Bomb“. Seither ist sie Herausgeberin der Zeitschrift „Soft Targets“.

Ihre Geschichten und Essays erscheinen im New Yorker, in Harper’s, in der New York Times und in der Paris Review. Ihre beiden ersten Romane „Telex from Cuba“ (2008) und „The Flamethrowers“ (2013) waren jeweils für einen National Book Award nominiert. 2013 erhielt sie ein Guggenheim-Stipendium. Mit ihrem Roman „The Mars Room“ erreichte Kushner 2018 die Shortlist des Man Booker Prize.

Ihr Essayband Harte Leute, 2022 in deutscher Übersetzung bei Rowohlt erschienen, beschreibt in zwanzig Texten ihre Faszination für „Menschen, die auf der Klinge des Lebens tanzen“, wie sie ihr Anfang der 1990er-Jahre in ihrem damaligen Bohème-Leben in San Francisco begegnet sind. 

Im Oktober 2024 gehörte Kushner zu den Unterzeichnern eines Aufrufs von Schriftstellern und Intellektuellen, die zum Boykott kultureller Institutionen Israels aufriefen, die sich an der „erschütternden Unterdrückung der Palästinenser“ beteiligten oder ihr gegenüber Schweigen bewahrten.

Kushner lebt mit ihrer Familie in Echo Park, einem Stadtteil von Los Angeles, in einem Holzhaus, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts erbaut wurde. Ihr Ehemann Jason Smith arbeitet am Art Center College of Design; beide haben einen Sohn, Remy.
Quelle: Wikipedia

Kunstvoll und Anarchisch. Ironisch und Witzig. Fantasievoll und Originell.

LEKTÜRE NOTIZEN

horst g. flämig

Ein hochintelligenter, vielschichtiger Spionagethriller, der gesellschaftskritische und philosophische Themen behandelt. Sadie Smith wird von einem namenlosen Auftraggeber in eine entlegene Gegend in Südfrankreich geschickt. Ihr Auftrag: Sie soll eine Landkommune "Le Moulin" anarchistischer Umweltaktivisten infiltrieren, die im Verdacht steht, Anschläge auf landwirtschaftlicher Konzerne verübt zu haben. Sadie blickt zunächst mit Verachtung auf die Idealisten und die französische Provinz mit ihren verschlafenen Dörfern und Höfen. 

Doch dann gerät sie in Kontakt mit Bruno Lacombe, dem Vordenker der Gruppe. Bruno lehnt die Zivilisation ab, er lebt in einer Neandertalerhöhle und sieht die Rettung der Menschheit in der Rückwendung zu ihren Ursprüngen. Seine Höhle verlässt er nur, um kryptische E-Mails an seine Community zu versenden.  Sadies Auftraggeber haben Brunos Mail-Account gehackt, so dass Sadie jederzeit Zugriff darauf hat. 
Die Auseinandersetzung mit ihm lässt nach und nach Zweifel in der eigentlich so abgebrühten Sadie keimen, und sie, die die Fäden in der Hand zu halten glaubte, gerät mehr und mehr in seinen Bann. 

Kushner verknüpft in "See der Schöpfung" klassische Elemente des Spionageromans mit tiefgründigen Reflexionen über Zivilisation, Umweltzerstörung und menschlicher Existenz. "See der Schöpfung" ist ein Werk, das dazu einlädt, über die großen Fragen der Menschheit nachzudenken. Die Sprache ist voller bunter Bilder und greller Farben. Eine gelungene fesselnde Geschichte, die gleichzeitig als kritische Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen dient. Dieser Roman bietet ein restloses Leseerlebnis.

Bewertung:: ★★★★★ (5/5 Sterne) 

Der Roman wurde LiWe vom Rowohlt Verlag, Hamburg, zur Rezension zur Verfügung gestellt.