3.12.2024 | 19:00 bis 20:30 Uhr
Lesereihe Zwei: Wann werden Frauen Menschen sein?
Bürgerhaus Wersten | Das kulturelle Vieleck
Werstener Dorfstraße 90
40591 Düsseldorf
DIE VEGETARIERIN | HAN KANG
Als Yong-Hye zur Vegetarierin wird, zerbricht erst ihre Ehe, dann die Familie.
Nach fünf harmonischen Ehejahren begehrt Yeong-Hye auf: Die Protagonistin von „Die Vegetarierin“ beschließt, kein Fleisch mehr zu essen. Von den massiven Folgen dieser Entscheidung erzählt der preisgekrönte Roman der koreanischen Schriftstellerin Han Kang.
»Bevor meine Frau zur Vegetarierin wurde, hielt ich sie für nichts Besonderes. Bei unserer ersten Begegnung fand ich sie nicht einmal attraktiv. Mittelgroß, ein Topfschnitt, irgendwo zwischen kurz und lang, gelbliche unreine Haut, Schlupflider und dominante Wangenknochen. So fühlte ich mich weder von ihr angezogen noch abgestoßen und sah daher keinen Grund, sie nicht zu heiraten.«
>>Der Roman entstand in einem Staat mit einem vermeintlich erstklassigen Schulsystem, einer exzellenten Infrastruktur, einem Mobilfunknetz der fünften Generation, während in Deutschland die Netzbetreiber die dritte Generation anbieten, und erfolgreichen Weltkonzernen, wie Samsung oder Hyundai. In einem Staat, in dem Kinder bis in die Nacht auswendig lernen, in dem die weltweit höchste Selbstmordrate unter Kindern und Jugendlichen zu verzeichnen ist, in dem die niedrigste Geburtenrate und die höchste Arbeitszeit herrschen. In einem Staat, in dem ein zehnjähriger Junge kurz vor seinem Suizid in sein Tagebuch schrieb, dass er an zwei Tagen über zwanzig Stunden lernen müsse, ohne dass seine Noten besser würden… und er frei sein möchte wie ein Fisch im Wasser. <<
Horst G. Flämig
Die Vegetarierin von Han Kang
Yong-Hye und ihr Ehemann sind ganz gewöhnliche Leute. Er geht beflissen seinem Bürojob nach und hegt keinerlei Ambitionen. Sie ist eine zwar leidenschaftslose, aber pflichtbewusste Hausfrau. Die angenehme Eintönigkeit ihrer Ehe wird jäh gefährdet, als Yeong-Hye beschließt, sich fortan ausschließlich vegetarisch zu ernähren und alle tierischen Produkte aus dem Haushalt entfernt. »Ich hatte einen Traum«, so ihre einzige Erklärung. Ein kleiner Akt der Unabhängigkeit, aber ein fataler, denn in einem Land wie Südkorea, in dem strenge soziale Normen herrschen, gilt der Vegetarismus als subversiv. Doch damit nicht genug. Bald nimmt Yeong-Hyes passive Rebellion immer groteskere Ausmaße an. Sie, die niemals gerne einen BH getragen hat, fängt an, sich in der Öffentlichkeit zu entblößen und von einem Leben als Pflanze zu träumen. Bis sich ihre gesamte Familie gegen sie wendet.
HAN KANG
Foto: © Baek Dahum
Han Kang ist die wichtigste literarische Stimme Koreas. Seit sie für »Die Vegetarierin« 2016 den Man Booker International Prize erhielt, haben ihre Bücher auch international großen Erfolg. Auch der Roman »Weiß« war für den Booker Prize nominiert, »Menschenwerk« erhielt den renommierten italienischen Malaparte-Preis. Im Aufbau Verlag sind »Die Vegetarierin«, »Menschenwerk«, »Deine kalten Hände«, »Weiß« sowie »Griechischstunden« erschienen.
- 1995: Hankook Ilbo Preis für hervorragende Romanschriftsteller
- 1999: Koreanischer Roman-Preis
- 2000: Preis für junge Künstler von heute des Ministeriums für Kultur und Tourismus
- 2005: Yi-Sang-Literaturpreis
- 2010: Tongni-Literaturpreis
- 2016: Man Booker International Prize für 'The Vegetarian'
- 2017: Premio Malaparte
- 2023: Prix Médicis étranger für Impossibles adieux (zusammen mit Misericordia von Lídia Jorge)
- 2024: Ho-Am-Preis
Weitere Romane von Han Kang
Deine kalten Hände
über die Einsamkeit der menschlichen Existenz. Eines Tages verschwindet der Bildhauer Jang Unhyong beinahe spurlos. Er hinterlässt seine faszinierenden Gipsabdrücke von Händen und Körpern – und ein bewegendes Tagebuch, das seine lebenslange Suche nach Nähe und Wahrhaftigkeit in einer Welt voller Masken schildert.
Weiß
Während eines Aufenthalts in einer europäischen Stadt, die im weißen Winterschlaf liegt, überfällt die Erzählerin plötzlich die Erinnerung an ihre Schwester, die als Neugeborenes in den Armen der Mutter starb. Sie ringt mit dieser Tragödie, die das Leben ihrer Familie bestimmt hat, ein Ereignis, das in Bildern von Weiß wieder und wieder aufscheint: das Weiß der Muttermilch, der Windel, der reiskuchenweißen Haut des kleinen Mädchens.
Menschenwerk
Ein Junge ist gestorben, und die Hinterbliebenen müssen weiterleben. Doch was ist ihnen ihr Leben noch wert?
"Ich kämpfe, jeden Tag. Ich kämpfe gegen die Schande, überlebt zu haben und immer noch am Leben zu sein. Ich kämpfe gegen die Tatsache, dass ich ein Mensch bin. Und Sie, ebenso ein Mensch wie ich, welche Antworten können Sie mir geben?"
Griechischstunden
In einem Klassenzimmer in Seoul beobachtet eine junge Frau ihren Griechischlehrer. Sie versucht, zu sprechen, aber sie hat ihre Stimme verloren. Ihr Lehrer fühlt sich zu der stummen Frau hingezogen, denn er verliert von Tag zu Tag mehr von seinem Augenlicht. Bald entdecken die beiden, dass ein tiefer Schmerz sie verbindet.
Anmeldung | Die Vegetarierin | Han Kang | 3.12.2024 | 19:00 bis 20:30 Uhr | Bürgerhaus Wersten
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Rezension Markus Gasser
Markus Gasser (* 1967 in Bregenz) ist ein österreichischer Literaturwissenschaftler und Autor.
Koreanische Weisheit
„소귀에 경읽기“
(So-gwi-e gyeong-ik-gi)
„Das Sutra einer Kuh vorlesen.“
Dieser Ausdruck bezieht sich darauf, jemandem etwas zu erklären, der kein Interesse oder Verständnis für das Thema hat. Es unterstreicht die Sinnlosigkeit, Weisheit oder Wissen mit jemandem zu teilen, der sich nicht hineindenken will.
Sutra: Lehrreden des historischen Buddha Shakyamuni.