Chimamanda Ngozi Adichie 

Foto © Manny Jefferson

09. September 2025 | 19:00 bis 20:30 Uhr

Bürgerhaus Wersten | Das kulturelle Vieleck
Werstener Dorfstraße 90 | 40591 Düsseldorf 

Chimamanda Ngozi Adichie (* 15. September 1977 in Enugu) ist eine nigerianische Schriftstellerin und Aktivistin. Ihr international rezipiertes und vielfach ausgezeichnetes Werk gilt als herausragendes Beispiel junger afrikanischer Literatur und feministischen Postkolonialismus.

Adichies Familie stammt aus Abba im nigerianischen Bundesstaat Anambra. Sie wurde als fünftes von sechs Kindern geboren und wuchs in der Universitätsstadt Nsukka auf. Ihre Muttersprache ist Igbo. Adichies Vater war Mathematik-Professor.

Nach ihrem Schulabschluss begann sie ein Medizin- und Pharmaziestudium in Nigeria. Mit 19 Jahren zog sie für ein Studium in die USA. 2001 schloss sie dort ein Studium der Kommunikations- und Politikwissenschaften summa cum laude ab. Von 2005 bis 2006 war Adichie „Hodder Fellow“ an der Princeton University, 2008 erhielt sie an der Yale University einen Masterabschluss in Afrikanistik.

Adichie lebt in Nigeria und den USA. Sie ist mit dem Mediziner Ivara Esege verheiratet und hat mit ihm eine Tochter (geb. 2016) und zwei Zwillingssöhne (geb. 2024).

Chimamanda Ngozi Adichies Werk wird in 55 Sprachen übertragen. Für »Americanah« erhielt sie 2013 den Heartland Prize for Fiction und den National Book Critics Circle Award. Ihr Roman »Blauer Hibiskus« war für den Booker Prize nominiert, »Die Hälfte der Sonne« erhielt den Orange Prize for Fiction 2007. Mit ihrem TED-Talk »We should all be Feminists« verankerte die Nigerianerin den Feminismus fest in der Popkultur. Auf Deutsch liegt der Text im FISCHER Taschenbuch vor: »Mehr Feminismus! Ein Manifest und vier Stories«. Zuletzt erschienen im FISCHER Taschenbuch »Liebe Ijeawele. Wie unsere Töchter selbstbestimmte Frauen werden« (2017) und bei S. FISCHER »Trauer ist das Glück, geliebt zu haben« (2021). 2018 wurde Chimamanda Ngozi Adichie mit dem PEN Pinter Prize und dem Everett M. Rogers Award ausgezeichnet. 2019 wurde ihr der Kasseler Bürgerpreis »Das Glas der Vernunft« verliehen. 2020 erhielt sie den Internationalen Hermann-Hesse-Preis für »Blauer Hibiskus«. Im März 2025 erschien Adichies lang erwarteter neuer Roman »Dream Count«, der auf der Longlist für den renommierten Women’s Prize for Fiction 2025 steht. 

Blauer Hibiskus

Ein realistisches Bild vom heutigen Nigeria

>> Unser Projekt am 09. September 2025 <<

»Blauer Hibiskus« ist der erste Roman der Bestsellerautorin Chimamanda Ngozi Adichie - ein Meilenstein junger Weltliteratur.

Die Originalausgabe erschien 2003 unter dem Titel "Purple Hibiscus". Die deutsche Ausgabe folgte 2005.

"Blauer Hibiskus" ist die Geschichte um eine junge Frau aus Nigeria  führt tief in die Gesellschaft des Landes. 

Lektüre Notiz

Chimamanda Ngozi Adichies Debütroman Blauer Hibiskus (Purple Hibiscus, 2003) ist ein wuchtiges und feinsinniges Porträt einer Familie im Nigeria der 1990er Jahre. Mit einer ebenso poetischen wie präzisen Sprache schildert die Autorin den inneren Zerfall einer scheinbar perfekten Welt, geprägt von religiösem Fanatismus, politischer Instabilität und dem leisen Aufbegehren und Rebellieren einer jungen Frau.

Inhalt

Im Zentrum steht die 15-jährige Kambili, die in einem wohlhabenden, streng katholischen Elternhaus lebt. Ihr Vater Eugene ist ein einflussreicher Zeitungsverleger und tiefgläubiger Christ, dessen Frömmigkeit jedoch in Gewalt und Kontrolle umschlägt. Für Kambili und ihren Bruder Jaja bedeutet das ein Leben voller Angst, Rituale und ständiger Selbstzensur. Erst als sie einige Zeit bei ihrer Tante Ifeoma verbringen dürfen – einer freigeistigen, intellektuellen Universitätsdozentin –, öffnet sich für die beiden eine neue Welt. In einem offenen, liebevollen und demokratischen Familienumfeld lernen sie, ihre eigene Stimme zu entdecken.

Stil und Sprache

Adichies Stil ist zurückhaltend, fast still – und gerade deshalb so eindrucksvoll. Sie erzählt aus Kambilis Perspektive und lässt den Leser hautnah an der inneren Zerrissenheit und Entwicklung der Protagonistin teilhaben. Die Autorin nutzt eine klare, sinnliche Sprache. 

Der Kontrast zwischen der bedrückenden Enge des väterlichen Hauses und der lebendigen Wärme bei Tante Ifeoma wird nicht durch große Worte, sondern durch kluge Beobachtungen und symbolträchtige Bilder – wie den titelgebenden blauen Hibiskus – greifbar. 

"Blauer Hibiskus" thematisiert eine Vielzahl gesellschaftlich relevanter Aspekte: religiösen Fanatismus, familiäre Gewalt, politische Repression und Kolonialismus. Gleichzeitig ist der Roman eine zartfühlende Coming-of-Age-Geschichte über Selbstfindung, Mut und den Wunsch nach Freiheit. Adichie gelingt es, das Politische mit dem Privaten zu verweben und eine universelle Geschichte in einem spezifisch nigerianischen Kontext zu erzählen.

Resümee

"Blauer Hibiskus" ist ein leises, aber eindringliches Buch, das lange nachhallt. Chimamanda Ngozi Adichie beweist bereits mit ihrem Debüt eine literarische Reife und Tiefe, die beeindruckt. Wer sich für postkoloniale Literatur, feministische Themen oder psychologisch dichte Familiengeschichten interessiert, wird in diesem Roman eine wertvolle Lektüre finden. 

Bewertung:: ★★★★★ (5/5 Sterne)

"Blauer Hibiskus wurde LiWe vom Fischer Verlag, Frankfurt, zur Rezension zur Verfügung gestellt.

Dream Count

Vier Leben sehr unterschiedlicher schwarzer Frauen zwischen Nigeria, Guinea und den USA 



 

"Dream Count" ist der sechste Roman von Chimamanda Ngozi Adichie, der im Original 2023 erschienen ist. Die deutsche Ausgabe wurde 2025 aufgelegt.

 «Dream Count» lehnt sich an den Ausdruck «Body Count» an: die Anzahl getöteter Personen im Krieg oder umgangssprachlich die Anzahl der Sexualpartner einer Person. 

Im Fall von Chimamanda Ngozi Adichies neuem Roman bedeutet «Dream Count» die Anzahl toter oder aufgeschobener Träume – die Träume von vier Frauen im Buch.

Lektüre Notiz

Vier Frauen, vier Lebenswege, vier Sehnsüchte 


Drei der Frauen sind in Afrika aufgewachsen und leben inzwischen in den USA, eine ist in Nigeria geblieben. Unterschiedlich in Herkunft, Status und Lebenssituation, eint sie doch die Suche nach Erfüllung. Schon der erste Satz des Romans steckt das zentrale Thema ab:

"Ich habe mich immer danach gesehnt, von einem anderen Menschen erkannt zu werden, wirklich erkannt."

Das sagt Chiamaka, genannt Chia, die erste der vier Protagonistinnen. Chia stammt aus einer wohlhabenden nigerianischen Familie und lebt als Reiseschriftstellerin in den USA - jedoch bislang ohne größeren Erfolg. Die Pandemie zwingt sie zur Untätigkeit, und in dieser Zeit beginnt sie, über vergangene Beziehungen zu sinnieren. Sie googelt im Netz nach ihren Ex-Partnern: Darnell, schön, aber gefühlskalt; ein verheirateter Engländer, dessen Geliebte sie lange war, und Chuka, der perfekte Mann - den Chia trotzdem nicht lieben konnte.


Von Chia aus verzweigt sich die Geschichte zu den anderen Frauen. Zikora, ihre beste Freundin, hat in Washington Karriere als Anwältin gemacht. Jahrelang hat sie sich ein Kind gewünscht - jetzt ist sie schwanger, doch der vermeintliche Traummann verlässt sie, als er von der Schwangerschaft erfährt.

"Er konnte das, einfach ungeschoren davonkommen, sich entscheiden, nichts zu tun, aber sie würde diese Option nie haben, denn es war ihr Körper, und ein Baby musste entweder zur Welt gebracht werden oder nicht."



Kadiatou, Chias Haushälterin, stammt aus Guinea, lebt als Geflüchtete in den USA und träumt von einem ruhigen, sicheren Leben. Doch dieser Traum zerbricht brutal, als sie Opfer eines sexuellen Übergriffs wird - ein Fall, der an den Skandal um Dominique Strauss-Kahn erinnert, aber gleichzeitig ein universelles Schicksal von Frauen weltweit repräsentiert.

Die vierte Hauptfigur ist Omelogor, Chias Cousine, erfolgreiche Bankerin in Abuja in Nigeria, unverheiratet und kinderlos aus Überzeugung - bis plötzlich der Wunsch nach Mutterschaft in ihr aufkeimt.

Resümee

"Dream Count" ist ein kraftvoller Roman über vier Frauen, die lieben, kämpfen und sich behaupten - mit einer Beharrlichkeit, die bewegt. Adichie gelingt es, komplexe Themen in lebendige Erzählungen zu übersetzen. Ihre Figuren sind Menschen mit Widersprüchen und Schwächen. Gerade das macht diesen Roman so eindrücklich: Er zeigt, wie das Private und das Politische untrennbar verwoben sind - und dass es in der Suche nach Selbstbestimmung nicht nur um große Gesten geht, sondern oft um die kleinen, alltäglichen Entscheidungen, die das Leben prägen. "Dream Count" ist ein Buch, das nachhallt - weil es daran erinnert, dass jede Geschichte zählt. Ein Roman, der zugleich konkrete und komplexe Leben erzählt,


Bewertung:: ★★★★★ (5/5 Sterne)

"Dream Count" wurde LiWe vom Fischer Verlag, Frankfurt, zur Rezension zur Verfügung gestellt.