Literatur in Wersten | Mein Lesekreis

>> Handeln kommt aus der Hoffnung <<

Tsitsi Dangarembga

Nach dem Sturz des Langzeit-Präsidenten Robert Mugabe und dem Machtantritt seines Stellvertreters Emmerson Mnangagwa 2017 steckt Simbabwe weiter in einer tiefen Krise. Die ZANU PF kontrolliert den Staat mit harter Hand. Die Bevölkerung leidet unter der sozioökonomischen Lage und massiven Menschenrechtsverletzungen. 

Simbabwe, das Land in dem Tsitsi Dangarembga lebt,  befindet sich in einer schweren politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krise. Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung. Aktivistinnen und Aktivisten sowie Oppositionelle werden ohne rechtliche Grundlage inhaftiert und verbleiben z. T. über lange Zeit in Haft. 

Gerichtsverfahren ziehen sich oft über Jahre. Der Dialog zur Aufarbeitung der Massaker von 1983 bis 1987 vor allem an den Ndebele (Gukurahundi) kommt trotz verbaler Versöhnungsbekundungen der Regierung unverändert nicht in Gang. 

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REPUBLIK SIMBABWE

Einfach und kurz erklärt

Literatur in Wersten | Mein Lesekreis

Projekt Eins | 08. April 2025 | 19:00 bis 20:30 Uhr
Bürgerhaus Wersten | Das kulturelle Vieleck
Werstener Dorfstraße 90 | 40591 Düsseldorf 

Verleugnen 

Tsitsi Dangarembga

Während des Unabhängigkeitskrieges in Simbabwe beginnt Tambu ihr zweites Jahr am Young Ladies‘ College of the Sacred Heart – einer Missionsschule, die von weißen Nonnen geführt wird und in der koloniale rassistische Strukturen tief verankert sind. Tambu ist ehrgeizig. Doch trotz ihrer überdurchschnittlichen Leistungen gelingt es ihr nicht, in die Bestenliste der Schule aufgenommen zu werden. In ihrem Bestreben um Anerkennung versucht sie schließlich bis ins Extreme, sich an ihr vorherrschend weißes Umfeld anzupassen. Dabei verleugnet sie zunehmend ihre Herkunft. 

Die Protagonistin des Romans Tambu verkörpert eine Generation von Frauen in Simbabwe, die jeden Tag um das titelgebende Überleben kämpfen müssen. In ihr Leben haben Kolonialismus und Sexismus den Gedanken eingeschrieben, sie seien weniger wert. Für Tambu gibt es kein Entrinnen aus diesem Leben, in dem Frauen weniger wert sind als Männer.

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Tsitsi Dangarembga 

Tsitsi Dangarembga gilt als eine der radikalsten weiblichen Stimmen des afrikanischen Kontinents. 

Foto © Hannah Mentz 

In allen Punkten schuldig, sechs Monate auf Bewährung plus Geldstrafe - so lautet das Urteil des Gerichts in Harare im Prozess gegen die Autorin und Preisträgerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels. 


Tsitsi Dangarembga ist Filmemacherin, Dramatikerin und Schriftstellerin. Sie gilt als eine der radikalsten feministischen Stimmen des afrikanischen Kontinents und ist eine der wichtigsten Künstler*innen in Simbabwe. Sie setzt sich intensiv für die Förderung filmschaffender Frauen auf dem afrikanischen Kontinent ein und engagiert sich seit vielen Jahren für feministische Anliegen und politische Veränderung. Sie ist Direktorin des »Creative Arts of Progress in Africa Trust«, Gründerin und Direktorin des »International Images Film Festival for Women« in Harare und Mitglied der Organisation »Women Filmmakers of Zimbabwe«. 1988 erschien ihr Debüt-Roman »Aufbrechen« (engl. Nervous Conditions) als erster Teil ihrer Tambudzai-Trilogie. Er wurde 1989 mit dem Commonwealth Writers’ Prize ausgezeichnet und 2018 von der BBC in die Liste der 100 wichtigsten Bücher aufgenommen, die die Welt geprägt haben. 2006 erschien der zweite Teil »Verleugnen« (engl. The Book of Not). 2018 folgte »Überleben« (engl. This Mournable Body), der 2020 für die Shortlist des Booker Prize nominiert wurde. 2021 wurde Tsitsi Dangarembga mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Für ihr Werk erhielt sie u.a. den PEN Pinter Prize und den Windham-Campbell Literature Prize. 2022 wurde sie von der Financial Times unter die 25 einflussreichsten Frauen der Welt gewählt. Sie lebt in Harare, Simbabwe. 

"Verleugnen" ist der zweite Band der Trilogie über die Protagonistin Tambudzai Sigauke. Der Roman spielt während des Bürgerkriegs in den 1970er Jahren in Simbabwe (damals Rhodesien) und setzt die Geschichte der jungen Tambu fort, die bereits im ersten Band "Aufbrechen" erzählt wurde. 

Tambu besucht als eine der wenigen schwarzen Schülerinnen das "Young Ladies' College of the Sacred Heart", eine von weißen Nonnen geführte Schule. Dort ist sie mit systematischer Diskriminierung konfrontiert: Während ihre weißen Mitschülerinnen in Einzelzimmern untergebracht sind, muss sie sich mit fünf weiteren schwarzen Schülerinnen ein Zimmer teilen. Trotz ihres unermüdlichen Fleißes und ihrer herausragenden Leistungen wird sie nicht anerkannt; so wird eine Auszeichnung, die ihr zusteht, einer weißen Schülerin verliehen. 

Dangarembga schildert mit unerbittlicher analytischer Genauigkeit Tambus wiederholtes Scheitern. Der Roman fängt die Zerrissenheit Simbabwes während des Bürgerkriegs ein und zeigt die Überforderung eines ambitionierten Mädchens, das versucht, in einem von Spannungen geprägten Land seinen Weg zu finden. 

"Verleugnen" bietet einen intensiven Einblick in die Auswirkungen von Kolonialismus und Rassismus auf das Leben einer jungen schwarzen Frau in Simbabwe. Der Roman zeigt, wie Tambu trotz aller Widrigkeiten für ihr Recht auf Bildung kämpft und dabei immer wieder an den systemischen Barrieren scheitert, die ihr von der kolonialen Gesellschaft auferlegt werden. 

 Colleges of the Sacred Heart bestehen in Simbabwe seit 1821

Values

Compassion, Confidence, Collaboration, Dignity, Discipline, Excellence, Faith, Hospitality, Integrity, Love, and Respect.

https://sacredheartcollegegweru.com/

 Trilogie um Tambudzai Sigauke. 

In den Büchern der Romantrilogie geht es um das Leben einer Frau im postkolonialen Simbabwe, die nach Selbstbestimmung strebt.

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AUFBRECHEN

"Aufbrechen" schildert den zähen Kampf des Mädchens Tambu um höhere Bildung und wie sie allmählich dem Stammes- und Dorfleben entschlüpft. Aber alles hat seinen Preis …Dieser Roman ist das ausgezeichnete Porträt einer Gesellschaft, die von Kolonialismus und Patriarchat dominiert wird und deren jüngere Generation von Frauen um Selbstbestimmung kämpft.
2018 wurde der Roman in die BBC-Liste der "100 Bücher, die die Welt geprägt haben" aufgenommen.

VERLEUGNEN

Als Simbabwe die Unabhängigkeit erlangt, beginnt die Protagonistin Tambudzai Sigauke ihr zweites Jahr am Young Ladies' College of the Sacred Heart. Eine Schule, in der die Rassenkonflikte des kolonialen, vorstaatlichen Simbabwes tief verankert sind. Die Missionsschule wird von weißen Nonnen geführt, die es als Beweis ihrer Nächstenliebe sehen, dass sie Schwarze Schülerinnen - fünf an der Zahl - in die Schule aufgenommen haben. Doch die Schülerinnen führen ein ungleiches Leben: So müssen die Schwarzen Schülerinnen alle gemeinsam in einem Raum, der als "afrikanischer Schlafsaal" bekannt ist, übernachten. Und obwohl Tambudzai, die sehr ehrgeizig ist, die besten Noten ihres Jahrgangs hat, gelingt es ihr nicht, in die Ehrenliste der Schule aufgenommen zu werden - stattdessen wird der erste Platz von einem weißen Mädchen namens Tracey besetzt. Je mehr sie sich anstrengt, anerkannt zu werden, desto weiter fühlt sich Tambu von jeder Belohnung entfernt und die Auswüchse des Kolonialismus drohen ihr bei jedem Schritt ein Bein zu stellen.

ÜBERLEBEN

Tambudzai lebt arbeitslos in einem heruntergekommenen Hostel in der Innenstadt von Harare und macht sich Sorgen um ihre Zukunft. Bei jedem Versuch, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen, wird sie mit neuen Demütigungen konfrontiert. Der schmerzhafte Kontrast zwischen der Zukunft, die sie sich ausgemalt und für die sie hart gearbeitet hatte, und ihrer aussichtslosen (Alltags-)Realität, führt sie in die Verzweiflung und an einen Wendepunkt. Als sie schließlich einen vielversprechenden Job angeboten bekommt, ahnt sie noch nicht, dass dieser sie letztlich um die Würde ihrer Familie und ihrer Gemeinschaft bringen wird …Tsitsi Dangarembga geht in ihrem Roman der Frage nach, was es heißt, in einer postkolonialen Gesellschaft als Schwarze gebildete Frau zu überleben - in einem Land, das jede Hoffnung verloren hat und politisch wie wirtschaftlich am Boden liegt.

Friedenspreis des Buchhandels für Tsitsi Dangarembga (2021)

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Tsitsi Dangarembga engagiert sich seit vielen Jahren als Aktivistin für feministische Anliegen und politische Veränderung in Simbabwe. Nachdem sie im Juli 2020 zur Teilnahme an einer Anti-Korruptions-Demonstration aufrief, wurde sie für kurze Zeit inhaftiert und auf Bewährung wieder freigelassen. 2021 erhielt sie den PEN Pinter Prize sowie den PEN International Award for Freedom of Expression, mit dem Autor*innen ausgezeichnet werden, die trotz Verfolgung ihr Schreiben fortführen. Tsitsi Dangarembga und ihr Ehemann Olaf Koschke leben in Harare. Ihre drei Kinder studieren zum Teil im Ausland.

Rhodesien und Simbabwe: Geschichte, Politik und Gegenwart 

 Rhodesien war eine ehemalige britische Kolonie im südlichen Afrika, die später als Simbabwe unabhängig wurde. Die Entwicklung des Landes war geprägt von Kolonialherrschaft, einem einseitigen Unabhängigkeitsprozess, Bürgerkrieg und schließlich der Unabhängigkeit Simbabwes.

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1. Frühe Geschichte und Kolonialzeit

Vorkoloniale Geschichte
Vor der europäischen Kolonialisierung war das Gebiet von Rhodesien von verschiedenen Völkern, darunter die Shona und Ndebele, besiedelt. Die bekannteste historische Stätte ist Great Zimbabwe, eine große Ruinenstadt, die zwischen dem 11. und 15. Jahrhundert ein bedeutendes Zentrum des Gold- und Elfenbeinhandels war.

Britische Kolonialisierung

  • 1888: Cecil Rhodes, ein britischer Geschäftsmann und Gründer der British South Africa Company (BSAC), schloss Verträge mit lokalen Herrschern, die ihm angeblich Land- und Bergbaurechte gewährten.
  • 1890: Die BSAC entsandte Siedler und Soldaten, die das Gebiet unter britische Kontrolle brachten.
  • 1895: Die Region wurde offiziell in „Rhodesien“ umbenannt, zu Ehren von Cecil Rhodes.
  • 1923: Südrhodesien (heutiges Simbabwe) wurde eine britische Selbstverwaltungs-Kolonie, während Nordrhodesien (heutiges Sambia) unter britischer Kontrolle blieb.

2. Die Zeit der weißen Minderheitsregierung  (1953–1980)

Föderation und Unabhängigkeitsstreben

  • 1953–1963: Südrhodesien wurde mit Nordrhodesien und Nyasaland (heutiges Malawi) zur Föderation von Rhodesien und Nyasaland zusammengeschlossen.
  • 1963: Die Föderation brach auseinander, und Südrhodesien versuchte, seine Unabhängigkeit unter weißer Herrschaft zu sichern. 

Unilateral Declaration of Independence (UDI) – Einseitige Unabhängigkeitserklärung

  • 1965: Ian Smith, Premierminister der weißen Minderheitsregierung, erklärte einseitig die Unabhängigkeit von Großbritannien, weil London auf einer Machtübertragung an die schwarze Mehrheit bestand.
  • 1965–1979: Rhodesien wurde international nicht anerkannt und von Sanktionen betroffen.


Bürgerkrieg (Chimurenga)

  • 1964–1979: Der Rhodesische Bushkrieg wurde zwischen der weißen Regierung und schwarzen Befreiungsbewegungen (ZANU und ZAPU) geführt.
  • 1979: Der Krieg führte zu Verhandlungen, und mit dem Lancaster-House-Abkommen wurde der Weg für demokratische Wahlen geebnet.

3. Die Unabhängigkeit Simbabwes (1980–heute)

Robert Mugabe und der Beginn der Republik

  • 1980: Simbabwe wurde offiziell unabhängig, und Robert Mugabe wurde erster Premierminister.
  • 1987: Mugabe wurde Präsident und wandelte das Land in eine Präsidialrepublik um.
  • 1980er Jahre: Spannungen zwischen der ZANU (unter Mugabe) und der ZAPU (unter Joshua Nkomo) führten zur Gukurahundi-Massaker, bei dem zehntausende Ndebele getötet wurden.

Wirtschaftliche Krise und Landreformen

  • 1990er Jahre: Die Wirtschaft Simbabwes begann sich zu verschlechtern, und Unzufriedenheit wuchs.
  • 2000er Jahre: Mugabe führte eine umstrittene Landreform durch, bei der weiße Farmer enteignet und das Land an schwarze Simbabwer verteilt wurde. Diese Maßnahme führte zum Zusammenbruch der Landwirtschaft und einer schweren Wirtschaftskrise.
  • 2008: Hyperinflation erreichte unvorstellbare Raten (über 89,7 Trillionen Prozent), was das Land wirtschaftlich ruinierte. 



Politische Krise und Mugabes Sturz

  • 2017: Nach Protesten und Druck durch das Militär trat Mugabe zurück.
  • 2018: Emmerson Mnangagwa übernahm die Präsidentschaft, doch viele Probleme wie Korruption, Inflation und Menschenrechtsverletzungen bestehen weiterhin.

4. Simbabwe heute

  • Politik: Die Regierungspartei ZANU-PF dominiert weiterhin die Politik.
  • Wirtschaft: Simbabwe leidet unter hoher Inflation, Arbeitslosigkeit und einer schwachen Währung.
  • Gesellschaft: Trotz Herausforderungen bleibt das Land kulturell reich und stolz auf seine Geschichte.

Fazit

Rodesien/Simbabwe hat eine turbulente Geschichte, geprägt von Kolonialherrschaft, Krieg und politischen Krisen. Die Zukunft des Landes hängt stark von wirtschaftlichen Reformen und politischer Stabilität ab.

 "Rassismus gedeiht da, wo er geleugnet wird."

Doudou Diène, Jurist und ehemaliger Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen.