Lesereihe Zwei
Wann werden Frauen Menschen sein?
>>Wann werden Frauen Menschen sein? Wann?<<, fragte die Rechtstheoretikerin Catharina A. MacKinnon 1999 in ihrem Essay 'Are Woman Human?' Das Zitat ist der letzte Satz in ihrem Essay.
In der Lesereihe Zwei wird der Düsseldorfer Literatur- und Gesprächskreis 'Literatur in Wersten' über frauenverachtende und frauenfeindliche Gesinnungen diskutieren. In den geplanten sechs Romanen werden uns subtile Formen der Frauenverachtung bis hin zu dreisten gesellschaftlichen Einstellungsmustern, wie Beleidigungen, Hass, Tötungen, begegnen. Varianten von kollektiven Formen (Mob) bis zu Verfehlungen von Einzeltätern.
Man sollte meinen, Misogynie ist in einem typisch patriarchalischen Umfeld weit verbreitet. Weit gefehlt. Auch in allen postpatriarchalischen Systemen, wie in den USA (Donald Trump) oder auch in Deutschland treffen wir auf diese düstere Thematik..
Die Rolle der Frau
"Die Frau ist fruchtbare Aufnahme, Fürsorge, lebendige Hingabe."
Papst Franziskus während seines Besuchs am 29.09.2024 in Belgien anlässlich des 600. Jubiläums der Université catholique de Louvain im wallonischen Louvain-la-Neuve
Der Konter der Rektorin Francoise Smets
"Die UC Louvain kann nur ihre Uneinigkeit mit dieser deterministischen und reduzierten Position zum Ausdruck bringen."
Sechs mächtige Romane aus Österreich, Südkorea (2), England, Belgien und Japan..
Über die Logik der Misogynie
Dienstag, den 05. November 2024
Blauschmuck | Katharina Winkler
Vom Leiden einer jungen Kurdin. Der Blauschmuck ist ein Geschenk der Männer. Sie verteilen ihn großzügig. Nahezu jede Frau in dem kurdischen Tal in der Türkei, in dem das Mädchen Filiz aufwächst, trägt ihn; einige um den Hals wie ein Medaillon, andere Frauen um die Fesseln oder das Handgelenk. Das Blau gibt es in allen Schattierungen – von sehr hell bis fast schwarz. Der Farbton ist abhängig davon, mit welchem Werkzeug die Männer auf ihre Frauen einschlagen – ob mit Holzlatten oder Eisenstangen.
Dienstag, den 03. Dezember 2024
Die Vegetarierin | Han Kang
Wie viel Gewalt erleidet eine Frau, die ein gewaltfreies Leben führen will?
Eine junge Frau, Yong-Hye, beschließt vom einen auf den anderen Tag, kein Fleisch mehr zu essen. Das ist der Ausgangspunkt.
Ein Roman, der an seiner Oberfläche von einer surrealen Sehnsucht erzählt, darunter die Abgründe einer patriarchalen Gesellschaft sondiert.
Ein Plädoyer für das Recht auf Eigensinn, eine Ermutigung, zu träumen und zu rebellieren.
Dienstag, den 07. Januar 2025
Kim Jiyoung, geboren 1982 | Cho Nam-Joo
Die exemplarische Geschichte einer jungen Frau aus Seoul, die mit Anfang dreißig psychisch erkrankt. Schon als Kind lernt sie zu akzeptieren, dass ihr kleiner Bruder die besten Fleischbällchen und ein eigenes Zimmer bekommt, während sie sich alles mit der älteren Schwester teilen muss. Als fleißige Schülerin toleriert Jiyoung, dass die Mädchen ihre Referate immer erst nach den Jungen halten und dass sie auch keine Klassensprecherinnen werden dürfen. Sie erduldet, in der vollen U-Bahn von Männern betatscht zu werden.
Dienstag, den 04. Februar 2025
Die Farbe von Milch | Nell Leyshon
Mary ist harte Arbeit gewöhnt. Sie kennt es nicht anders, denn ihr Leben auf dem Bauernhof der Eltern verläuft karg und entbehrungsreich. Doch dann ändert sich alles. Als sie fünfzehn wird, zieht Mary in den Haushalt des örtlichen Dorfpfarrers, um dessen Ehefrau zu pflegen. Bei ihr erfährt sie erstmals Wohlwollen und Anteilnahme. Dann nimmt ihr Schicksal eine dramatische Wendung, als die Pfarrersfrau stirbt und sie plötzlich mit dem Hausherrn alleine zurückbleibt.
Dienstag, den 04. März 2025
Mit Staunen und Zittern | Amélie Nothomb
Aufzeichnungen einer Toilettenfrau. Ein ironisches Porträt der japanischen Gesellschaft. Auf eigenen Erlebnissen beruht dieser Roman, in der die Belgierin Amélie sich verpflichtet, für ein Jahr in einer japanischen Firma zu arbeiten. Sie erlebt dort die negativen Seiten japanischer Unternehmenskultur: starke Hierarchien, unsinnige Befehlsstrukturen und Demütigungen. Obwohl Amélie Nothomb selbst in Japan geboren ist und ihre Kindheit dort verbracht hat, sind ihr viele der japanischen Bräuche und Gewohnheiten fremd geblieben.
Dienstag, den 01. April 2025
Das Seidenraupenzimmer | Sayaka Murata
Missbrauch. Verlorenheit. Widerstand. Natsuki ist elf Jahre, lebt in einer tristen Neubausiedlung in Japan, wird von der hysterischen Mutter beschimpft und in der Schule sexuell missbraucht. Aber Natsuki glaubt ein "Magical Girl" zu sein, eine Vorstellung, die ihr die Kraft gibt, sich von der Gesellschaft zu befreien: radikal bis zum Äußersten. Der Roman dreht sich im Kern um "Weibliche Selbstbestimmung" und die Verästelungen des patriarchalen Gesellschaftssystems Japans.
Originaltitel: Chikyu Seijin
"Ich liebe ihn, obwohl er mich schlägt."
Jede vierte Frau in Deutschland hat schon körperliche, sexuelle oder psychische Gewalt in der Partnerschaft erlebt. Doch obwohl das Gewaltschutzgesetz seit mehr als zehn Jahren die Opfer häuslicher Gewalt deutlich besser schützt als zuvor, werden ihre Erfahrungen immer noch tabuisiert, verharmlost und schnell entschuldigt.
Auch von den betroffenen Frauen selbst, die aus allen gesellschaftlichen Schichten kommen. Dabei ist es nicht nur die Angst vor dem Täter, die die Opfer schweigen lässt.
Es ist auch die Scham, sich nicht vor der körperlichen und psychischen Attacken des Partners schützen zu können und den Kindern ein gewaltgeprägtes Familienleben zuzumuten.
Stattdessen versuchen die Frauen, die erlittenen Demütigungen, Misshandlungen und sogar lebensgefährlichen Verletzungen zu entschuldigen. Sie selbst hätten die Bestrafungen durch eigene Fehler oder Unzulänglichkeiten provoziert, meinen viele Opfer. Sogar gutausgebildete, ökonomisch unabhängige Frauen versuchen oft, die immer wieder neu erlebten Gewalterfahrungen zu vertuschen, weil sie nicht wahrhaben wollen, wie wehrlos und abhängig sie sind.
Frauenrechte stehen wieder zur Disposition
Die vergangenen Jahre haben unverkennbar gezeigt, dass Frauenhass und Misogynie zunehmen und dass diese unbestritten einhergehen mit dem Erstarken autokrater Regime, dem Abbau von Rechtstaatlichkeit und demokratischer Freiheisrechte.
"Jede Rohheit hat ihren Ursprung in einer Schwäche."
Lucius Anneus Seneca | Römischer Philosoph, Dramatiker, Naturforscher, Politiker und als Stoiker einer der meistgelesenen Schriftsteller seiner Zeit. Geboren: 5 v. Chr., verstorben: 65 n. Chr.